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Kleeblatt, Glücksschwein und Schornsteinfeger? – Sylvester-Aberglaube hinterfragt

Sylvester-Aberglaube hinterfrag auf Marialine
 
Wenn sich die letzten Tage im Jahr nähern, wenn der Abreiß-Kalender immer leerer wird und die ersten Raketen und Sektflaschen für Sylvester gekauft werden, kommen wir mehr denn je mit Symbolen in Kontakt, die seit alter Zeit schon im Ruf standen, Glück zu bringen – das vierblättrige Kleeblatt, der rußig schwarzen Schornsteinfeger als Glücksbringer, und das Glücksschweinchen als Marzipan, das überall präsent ist. Doch warum ist das eigentlich so?

Wer oder was hat eigentlich einmal festgelegt, dass ein Schwein aus Marzipan Glück bringen soll, dass ein schmutziger schwarzer Mann aus einem schwierigen Arbeiterberuf ein Glücksbote wäre (und nicht etwa George Clooney), oder dass ein unscheinbares Pflänzchen wie der grüne Klee, den man ja fast übersieht, das Positive förmlich anziehen soll? Was steckt wirklich hinter dem vermeintlichen „Aberglauben“ aus alter Zeit, und lässt sich davon heute noch eine Geschichte erzählen, welche die versteckte Bedeutung enthält? Wir fragen Maria, was sie über die alten Bräuche zu Sylvester noch weiß, und warum wir uns beeilen sollten, fürs neue Jahr das Glück zu pachten…

Ein Gespräch mit Maria über die Bräuche und den Aberglauben zum Jahreswechsel

Jeder Glaube bringt stets auch Aberglauben hervor – eine verkleinerte Form des ursprünglichen Ritus und Kultus, die nicht mehr verständlich ist. So ist in den traditionellen europäischen Bräuchen zu Ostern, Weihnachten und eben auch Sylvester viel alter magischer Glaube eingekapselt, der heute nicht mehr verstanden wird. Schade eigentlich – denn hier wartet eine wahre Schatztruhe von Entdeckungen auf uns. Machen wir uns auf historische Entdeckungsreise mit Maria, die alte Symbole und spirituelle Traditionen erforscht hat. Wir fragen Maria heute: „Was steckt hinter Sylvester-Bräuchen?“



„Sylvester, oder vielmehr der 31.12., ist ein besonderes Datum. Der Tag wurde nach Papst Sylvester benannt und sollte seit der Frühzeit der Christianisierung den Übergang vom „alten Jahr“ zum „neuen Jahr“ symbolisieren. Interessant ist das deshalb, weil unsere Vorfahren das „neue Jahr“ eigentlich im Frühjahr begrüßt haben. Europa war agrarisch, die meisten Menschen lebten von der Landwirtschaft und waren von daher von Berufs wegen im Einklang mit den natürlichen Rhythmen, die ihnen Sicherheit zum Überleben boten, und der Wechsel der Jahreszeiten war sehr wichtig zum Markieren von Zeitabschnitten.

Ein Neujahrsfest mitten im eisig kalten Winter wäre ihnen nicht in den Sinn gekommen, denn es war doch sehr viel natürlicher, das „neue Jahr“ mit dem Aufblühen der Natur im März in Verbindung zu bringen, und richtig war das Neujahrsfest in der Antike immer ein Frühlingsfest. Im klassischen julianischen Kalender wurde „Neujahr“ stets am 21.03. gefeiert, am Tag der Frühlings-Tagundnachtgleiche, vorher galt noch das „alte Jahr“. Erst, als die Christen den gregorianischen Kalender nach Papst Gregor einführten und die alten Feste als „heidnisch“ gebrandmarkt wurden, verschoben sich auch die Termine, die vorher die Übergänge im Jahreslauf markierten.

Plötzlich war der 31.12. der Tag, an dem das Jahr wechselte, und die Menschen mussten sich erst daran gewöhnen, nun – entgegen aller Intuition – mitten im Winter das „neue Jahr“ zu begrüßen. Das ging nicht ohne Widerstand ab, denn der Winter galt in der vorchristlichen Zeit, als die Menschen noch sehr an Geister und Dämonen glaubten, als die dunkle Phase, in der angeblich „böse Mächte“ aktiv sind und die generell wenig Glück bringt. Die vielen Sylvester-Bräuche und Traditionen, die wir kennen, rühren auch daher, dass sich die Bevölkerung gegen diesen ungewöhnlichen Termin und seine Schwingung absichern wollte: das Knallen von Raketen (und heute eher Sektkorken) sollte die Dämonen abhalten, die sich der Sage nach im Winter versammeln, um die Menschen zu erschrecken…“

Was steckt eigentlich hinter dem ausgelassenen Feiern „ins neue Jahr hinein“?

Der Sylvester-Tag am 31.12. als „neues“ Datum, das die agrarischen Bräuche des Neujahrsfests im Frühjahr abgelöst hat – das klingt sehr weit entfernt, liegt diese „Neuerung“ in unserer Kulturgeschichte doch schon Jahrhunderte zurück. Doch das Sylvester-Brauchtum mit Raketen und feucht-fröhlichen Festen ist uns natürlich umso besser bekannt. Das führt uns zu der weiteren Frage: was steckt eigentlich hinter dem ausgelassenen Feiern „ins neue Jahr hinein“?



„Das ist ein Aberglaube, den es in vielen Versionen gibt: der 31.12. ist ein sogenannter „Schwellentag“, ein Schwellendatum, denn er stellt den Übertritt vom alten Jahr zum neuen Jahr da. Die Tradition, ins neue Jahr hinein zu feiern, soll Glück bringen, denn man geht davon aus, dass man im neuen Jahr immer das fortsetzen wird, was man im alten Jahr beendet hat. Deshalb isst und trinkt man sehr gut, damit man im neuen Jahr keinen Mangel oder Hunger leidet, und deshalb feiert man auch sehr fröhlich, damit es im neuen Jahr keinen Kummer und keine Tränen gibt.

In Italien gibt es sogar den Aberglauben, dass man in der Sylvester-Nacht – sofern man einen Partner hat – unbedingt Liebe machen muss, damit sich die Beziehung auch im neuen Jahr dauerhaft fortsetzt.“

Was bedeutet das Glücksschwein?

Wenn man das Glück sozusagen ins neue Jahr hinüber ziehen will durch sein Verhalten an Sylvester, welche Bedeutung haben dann die verschiedenen Sylvester-Symbole? Das Glücksschwein zum Beispiel, was bedeutet das?

“Das ist sehr interessant, denn pragmatisch betrachtet bringt ein Schwein natürlich erstmal kein Glück. Es ist niedlich anzusehen, wie sich die Marzipan-Schweinchen in den Geschäften türmen, und wir halten es für eine nette Geste, eins zu verschenken oder geschenkt zu bekommen – doch „Glück“ bringt es wohl nur dem, der daran glaubt.

Warum ein Schwein zum Symbol für Glück wurde und warum wir sinnbildlich auch sagen „Schwein gehabt“, wenn jemand Glück hat, kommt daher, dass in alter Zeit das Schwein für viele Menschen in Europa ein Hauptnahrungsmittel war, besonders im Winter, wenn die Vorräte knapp wurden. Wer Schweine im Stall hatte (oder jagen durfte, denn in den heimatlichen Wäldern wimmelte es von Wildschweinen), der war gewöhnlich gut gerüstet für die Frostzeit und konnte genügend Vorräte ansammeln für die harte Winterphase, in der nichts draußen wuchs und das Schlachten von Vieh der Garant fürs Überleben war.



In einer Epoche, in der es noch Hungersnöte gab – das heißt, in Europa bis ins 19. Jahrhundert, und das ist geschichtlich gar nicht so weit entfernt – war das Schwein gleichsam auch ein Sinnbild für das Privileg, nicht hungern zu müssen, also immer bestens mit dem nötigen Essen versorgt zu sein. „Schwein haben“ bedeutete Überleben, und es hatte auch neben der einleuchtend praktischen Bedeutung eine religiöse Ebene, denn in vorchristlicher Zeit betete man Erdgottheiten an, wie die griechische Demeter, deren heiliges Tier das Schwein war.

Die Erdgottheiten halfen dem Menschen in der Ur- und Frühgeschichte, in der Wildnis zu überleben und die Kultivierung der Erde, den Ackerbau und die Viehzucht, voranzutreiben, und ihre heiligen Tiere wie die Schweine waren Sinnbilder des Wohlstands, den uns Mutter Erde schenkt, vor allem anderen den Wohlstand, sich mittels der gütigen Natur, ihren Früchten und den landwirtschaftlichen Tieren, ernähren zu können. Und diese alte Tradition bedienen wir heute, wenn wir Glücksschweine verteilen, auch wenn wir uns dieses Sinns meist gar nicht mehr bewusst sind.“

Und was ist die Bedeutung des Glücksklees?

Wenn das Schwein also Glück im Sinne von Versorgung bedeutet, Wohlstand kurzgesagt, ist der Glücksklee dann das Futter des Schweins?

„Nein, das ist etwas ganz anderes: das Glücksschwein und der Glücksklee haben nichts miteinander zu tun. Die alte Sitte, sich Klee als Glückszeichen zu schenken, kommt ursprünglich aus Irland, wo man den grünen „clover“ oder „shamrock“ als Nationalsymbol hat, wie wir es auch heute noch am St-Patricks-Day erleben, der im März gefeiert wird. Klee bedeutete das grüne Land Irland, Eire auf Gälisch, das als Land der freien Menschen und der Feen angesehen wurde.

Sich Klee zu schenken, bedeutete einerseits Nationalstolz und Liebe zu seinem Land, aber auch ein Bündnis mit den Feen und Geistern dieser Sagen umwobenen Insel, die Raum für so viele Mysterien bietet. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist das Symbol des Klees jedoch nicht mit einer Nationalgeschichte verbunden, sondern mit der Zahlenmagie, denn nur das vierblättrige Kleeblatt galt als Glück verheißend, und die Zahl Vier war seit den Pythagoreern in der Antike die Zahl der Manifestation, der Wunscherfüllung.



Die vierblättrigen Kleepflanzen-Züchtungen, die man zum Jahreswechsel in den Blumengeschäften bekommt (botanisch „oxalis tetraphylla“), sind übrigens gärtnerisch gesehen kein Klee (botanisch „trifolium“), sondern gehören einer anderen Gattung. Dekorativ sind sie allemal. Aber das nur am Rande.“

Warum bringt ein Schornsteineger Glück?

Dann haben wir noch eine letzte Frage an Maria zu den kuriosen Bräuchen: weshalb bringt eigentlich ein Schornsteinfeger Glück?

„Auch das ist ein uralter Aberglaube, der einen tieferen Sinn hat. Was macht ein Schornsteinfeger? Nun, heute fragt man sich das wirklich, denn der Beruf ist eine hochtechnische Angelegenheit geworden, und oft werden nur Anschlüsse in den Häusern kontrolliert. Früher, als die Menschen noch Kamine hatten, mussten die Schornsteinfeger wirklich teils in den Kamin kriechen, um ihn zu säubern, und das war eine ebenso schwierige wie mitunter auch gefährliche Angelegenheit, denn Abstürze waren gar nicht selten!

Die Schornsteinfeger aus alter Zeit waren „Helden des Alltags“, denn ihr Beruf war hart, schmutzig und riskant, und die Bezahlung oft miserabel. Mancherorts, etwa im viktorianischen England, hat man Kinderarbeit eingesetzt, um die schmalen Kamine zu reinigen – ein Missstand, den Charles Dickens in seinen Romanen anprangert. Warum nun ausgerechnet der Schornsteinfeger Glück bringen soll, wo er doch offenbar selbst eher Glück braucht bei der Ausübung seines problematischen Berufs, hat einen anderen Grund: der Ruß galt als eine magische Substanz, wurde gern bei Ritualen eingesetzt.



Wer in Kontakt mit Ruß kam, war vom Glück begünstigt, glaubten unsere Vorfahren, und deshalb galt der „schwarze Mann“ an Neujahr als Glücksbringer. Und wie heißt es doch „eigner Herd, Goldes wert“ – nur wer einen eigenen Herd hatte, konnte überhaupt die Hilfe eines Schornsteinfegers anfordern, gehörte also schon dadurch zu den Privilegierten.“

Aberglaube zu Sylvester, der fasziniert – doch wir haben keine Zeit mehr, denn wir müssen nun feiern gehen…

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