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Orakel in Griechenland - Vom Apollotempel zu Delphi

Orakel in Griechenland - Vom Apollotempel zu Delphi

Sprechen wir über Orakel, sprechen wir – geschichtlich betrachtet – vor allem über Griechenland und Rom.

Rom, weil die Hauptstadt des ausgedehnten römischen Reiches seinerzeit zugleich eine Hochburg des Orakelglaubens und der Praktiken war, in die Zukunft zu sehen: Tausende Seher und Medien, Priester und Priesterinnen, Auguren, Zeichendeuter und Würfelspieler (auch der Würfel galt nicht nur als Spiel, sondern als divinatorisch) verdienten sich zu Cäsars und Augustus´ Zeiten mit dem „Blick hinter die Kulissen der Zeit“ ihren Lebensunterhalt.

Doch sprechen wir von Griechenland, meinen wir eine noch viel ältere und in den Augen Vieler noch faszinierendere Kultur des professionellen Zukunftssehens: hier ist das weltberühmte „Orakel von Delphi“ zuhause gewesen, der Apollotempel, in dem der Sonnengott selbst durch den Mund der Priesterin die kommenden Ereignisse kundtat.

Auf dem dreibeinigen Schemel sitzend, atmete die geheimnisvolle medial begabte Pythia hypnotische Dämpfe ein, die aus einer rauchenden Erdspalte unter dem Tempel, sowie aus hohen Weihrauchschalen und von verbranntem Lorbeer aufstiegen, um dann im Trance Sinnsprüche aufzusagen, die den Fragestellern die nähere Zukunft enthüllten.

Die seherischen Sinnsprüche der Pythia waren stets rätselhaft zweideutig, doch im Grund immer zutreffend, und viele sind uns in ihrem Wortlaut erhalten geblieben. Doch neben dem berühmten Orakel von Delphi verfügte Griechenland – oder Hellas, wie der aufstrebende Staat in der Antike hieß – über zahlreiche andere faszinierende Orakeltechniken und Kultstätten.

Man kann sagen: alle Orakeltechniken, welche die alte Welt kannte, waren auch in Griechenland beheimatet: die aus dem Orient traditionelle Wasserschau, die in Babylon und Ägypten populäre Feuerschau, das Deuten der Zeichen aus der Luft und aus den Wolken – und sogar die erste Lotterie…

Die Wiege der Lotterie stand überraschenderweise in – Griechenland. Diese erstaunliche historische Tatsache gründet darin, dass das althergebrachte Orakel im Zeus-Tempel von Athen, von dem bereits die antiken Reiseschriftsteller wie Plutarch berichten, eine einfache Auswahl von zwei Kugeln bereithielt: schwarz und weiß.

Die Priesterin zog auf die Frage eines Ratsuchenden hin eine der Kugeln aus einem verdeckten Behälter und orakelte somit die Zukunft: die schwarze Kugel bedeutete „nein“, die weiße Kugel bedeutete „ja“. „Soll ich Zenon heiraten?“, „Steht der Wind günstig für meine Handelsschiffe?“, „Wird der Fischfang in diesem Jahr reichlich?“ „Gewinnt mein Heer gegen die Perser?“ – Was auch immer die Frage war, die den Ratsuchenden quälte, die geheimnisvollen Kugeln wussten Rat!

Diese einfache und doch offenbar sehr effektive Orakel wurde überaus ernst genommen: wenn das Kugel-Orakel ein „nein“ vorausgesagt hatte, versuchte man es gar nicht mehr, sein Schicksal doch noch herauszufordern! Sagte es hingegen ein „ja“ voraus, war man vom Gelingen seiner Aufgabe, seines Anliegens vollends überzeugt und ging sofort mit Eifer daran, seine Arbeit zu erledigen.

Natürlich würde ein heutiger Psychologe dazu sagen, dass diese Art von Orakel beim Ratsuchenden eine „Erwartungshaltung“ geschaffen hatte, die je nachdem positiv oder negativ war und gerade deshalb das Eintreten bestimmter Ereignisse beförderte oder eben hemmte. Doch dieser im Grund recht einfache psychologische Mechanismus – wenn sich die hohe Kunst des Sehertums denn so simpel entzaubern ließ – bedeutete nicht das Aus für diese Form von Wahrsagekunst, ganz im Gegenteil.

Das athenische Zeus-Orakel mit den Kugeln war derart populär, dass mehr und mehr Tempel auf dem griechischen Festland und auf den Inseln nachzogen und ähnliche Orakel anboten, weil diese eben aufgrund ihrer Klarheit und Aussagekraft so gefragt waren. Schließlich wurde es zum regelrechten „Trend“ in der Antike, ein Kugelorakel zu befragen, und demnach auch zum „Muss“ für viele Kultstätten, ein solches parat zu halten.

Aus der einfachen Form der Wahrsagekunst aus zwei Kugeln, mathematisch ausgedrückt einem binären Orakel, entwickelte sich im Lauf der Jahrhunderte eine ausgefeilte Konstruktion von mehreren schwarzen und weißen Kugeln, die zuletzt mit Zahlen beschriftet wurden und beim Werfen Ziffernfolgen ergaben. Die spielerische Kunst der Lotterie oder vielmehr umgangssprachlich, das Lotto, war geboren. Doch das ist eine andere Geschichte...


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