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Orakel international - Ungarn: Wie man den Zukünftigen bestimmt

Orakel international - Ungarn: Wie man den Zukünftigen bestimmt

„Magyar“ – so heißt Ungarn auf Ungarisch. Schon die Sprache zeigt uns, dass hier ein bezauberndes, aber fremd wirkendes Land auf unsere Entdeckung wartet: Ungarisch ist keine indogermanische Sprache wie Französisch, Deutsch, Italienisch oder Spanisch, sondern gehört zum Sprachenkreis der finnisch-ugrischen Sprachen´, die in Finnland, Ungarn und Teilen asiatischer Kulturen verbreitet sind.

Unverständlich und konsonantenreich, wenn auch ungeheuer charmant klingt es in den meisten Ohren, wenn Ungarisch gesprochen wird – auch wenn so etwas Alltägliches wie das Übersetzen eines Straßenschildes oder einer Speisekarte Schwierigkeiten bereiten könnte.

Von der märchenhaften Prärie-Landschaft der Puszta über den Balaton-See bis hin zur glitzernden und luxuriösen Hauptstadt Budapest mit ihren Thermalbädern aus Marmor, Konzertpalästen und Villenhäusern erwarten den Reisenden viele Sehenswürdigkeiten, und eine freundliche Bevölkerung, die herzlich, aber auch sehr direkt sein kann.

Das moderne Ungarn ist ein Land, das zu Recht stolz ist auf seine Tradition und seine Bildung: Budapest, die traditionsreiche Hauptstadt, gehörte in der Zeit des Kalten Kriegs zu den fortschrittlichsten Städten hinter dem „eisernen Vorhang“ und beherbergte viele liberale Denker.

Bereits im 19. Jahrhundert wurde Ungarn als ein Hort der Freiheit und des freiheitlichen Denkens angesehen, Budapest galt bereits damals als eine Stadt der Intellektuellen und der Revolutionäre. Das Schicksal zu gestalten, eher, als es passiv abzuwarten, war für viele „magyar“ das Motto der Zeit…

Ungarns Weissage-Szene mit ihren zahlreichen Orakeln war so vielfältig und widersprüchlich wie das Land selbst. In der Stadt – also in Buda und Pest, den beiden historischen Stadtteilen – gab es alle möglichen Mittel, um in die Zukunft zu sehen: Intellektuelle und wohlhabende Bürger versuchten in spiritistischen Zirkeln der Elite, die Geister von Verstorbenen über ihre Zukunft zu befragen.

Weniger Betuchte unter den Ratsuchenden konnten zu einer „Zigeuner“-Wahrsagerin gehen, die ihre Dienste im Geheimen anbot, oder zu einer „Kartenschlägerin“ in einem der vielen Kaffeehäuser, für die die ungarische Metropole ebenso berühmt war wie die österreichische. Das Leben entfaltete sich für die meisten Menschen jedoch auf dem Lande, denn über 80 Prozent der Bevölkerung Ungarns waren bis zum ersten Weltkrieg Bauern.

Das Landleben unterschied sich erheblich vom glänzenden Alltag in der Hauptstadt: keine Zerstreuungen, keine Komfort-Leistungen, sondern der Kampf ums Überleben mit einem kargen, sandhaltigen Boden und schwerer Ackerarbeit war für die meisten Bauern Alltag.

Dennoch verstanden es die Ungarn zu feiern, zu tanzen, zu spielen und sich des Lebens zu erfreuen: Feste gehörten ebenso zum Jahreskreis des Alltags wie die alltägliche Plackerei auf dem Lande.

Zu den beliebtesten Veranstaltungen für die Bauern-Mädchen gehörte es natürlich, den Zukünftigen zu erspähen, ihn zu fesseln und zu binden und ihn ewige Treue schwören zu lassen – auf magischem Weg. Das beliebteste Orakel aus Ungarn, das zugleich ein Bindungszauber war, ging so: an einem Sonntag oder Feiertag (Weihnachten, Allerheiligen, Ostern etc.) deckt die Tochter des Hauses den Tisch für alle Familienmitglieder, und legt ein zusätzliches Gedeck auf und prostet dem ungesehenen Gast zu. Der Zukünftige, angelockt durch die Gastfreundlichkeit, sollte sich ganz bald in Realität einstellen…


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